„Da würden ja die Knochen klappern“
Tunnel, Industriehalle, Salzbergwerk? Oder doch lieber Leuchtturm? Drei Münchner Partymacher über den passenden Ort zur Sause
„Otger Holleschek, 37, Matthias Schlick, 35, und Alfred Weger, 34, sind Spezialisten für Fest - Plätze. Ihre Firma „h + s veranstaltungen“ vermittelt nicht nur den Ort zur Party, sondern den vollen Service „vom Büffet bis zur Toilettenfrau“. Wir sprachen mit den Zeremonienmeistern übers Feiern.
SZ: Das Firmenjubiläum im Wirtshaus-Saal – gibt `s das überhaupt noch?
Holleschek: Doch. Gaststätten und Hotels müssen ja auch von etwas leben.
Schlick: Aber viele suchen lieber das Ausgefallene: Dort ein Fest zu machen, wo möglichst noch kaum einer gefeiert hat. Und das ist eben nicht der Nebenraum im Augustiner - Bräuhaus.
Holleschek: Partys sind am spannendsten, wenn es irgendwo nach unten geht – in eine Fußgängerunterführung oder einen Keller. Bei Hochzeiten suchen die Kunden eher elegante Plätze.
Weger: Ein Landschloss mit Terrasse.
Holleschek: Ein Bauernhof ist aber auch hübsch.
Schlick: Gerade in München wollen viele den rohen Industrie - Charme. Im Gegensatz zu Berlin gibt es Lofts und Klinkerbauten hier eher selten.
SZ: Wie finden Sie Ihre Locations?
Holleschek: Wir haben über die Jahre einfach ein offenes Auge entwickelt. Es gibt unzählige tolle Immobilien, bei denen wir darauf warten, dass wir mit dem Besitzer einig werden.
Weger: Man kann Locations natürlich auch recherchieren, etwas in so illustren Zeitschriften wie dem Denkmalschützer. Oder wir schauen in Stadtmagazinen, wo wer eine Party macht. Spannender ist es natürlich, was ganz Neues zu entdecken.
SZ: Wie viele Objekte haben Sie denn?
Weger: Gut 1500 Plätze, 300 davon in München.
SZ: Und wie sieht die ideale Party aus?
Schlick: Der Kunde erzählt uns, was er vorhat. Wir versuchen, die Philosophie hinter den Äußerungen herauszuarbeiten und überlegen uns das passende Konzept: Location, Ausstattung, Catering. Wenn er will, bekommt der Kunde den Shuttle - Service und die Toilettenfrau dazu.
Holleschek: Wir versuchen dabei immer, einen roten Faden zu legen. Zum Beispiel bei unserer öffentlichen Party – Reihe mit Krzysztof Kieslowskis Drei-Farben-Zyklus als Motto. Dabei haben wir versucht, die Farben konsequent darzustellen, in der Musik, in der Beleuchtung, in der Bekleidung des Personals, den Getränken. Bei der blauen Party im Maximiliansforum haben wir alles, was dort noch nicht gekachelt war, mit nachgedruckten blauen Kachelplakaten ausgestattet. Im Haus der Kunst waberte das rote Licht von 350 Scheinwerfern durch den Raum. Das weiße Fest fand in einem alten Supermarkt im Euroindustriepark statt. Dort wurde die Farbe durch ein Lichtballett auf 13 000 Quadratmetern symbolisiert. Genauso stimmig planen wir auch für unsere Kunden. Als wir für die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke den 125. Geburtstag veranstaltet haben, waren die Büfett – Wagen nachgebaute Straßenbahnen, die Speisekarten standen auf Haltestellenschildern, und die Einladungen sahen aus wie Fahrkarten.
SZ: Gibt es auch Grenzen?
Holleschek: Natürlich kann man in der Prähistorischen Staatssammlung und zwischen den Dinosaurier-Skeletten keine Raves feiern. Da würden ja die Knochen Klappern. Auch in der Staatsbibliothek wäre das undenkbar.
SZ: Apropos Staatsbibliothek – dort zu feiern, ist ein teures Vergnügen.
Holleschek: Industrie - Locations sind da im Grundpreis günstiger, haben aber meist keine Infrastruktur. Da müssen mobile Heizungen eingebaut werden oder Fluchttüren. Oft stellen wir sogar Treppen auf, weil die eingebauten Treppen nicht der Versammlungsstättenverordnung genügen.
SZ: Die ist in München ja angeblich besonders streng?
Holleschek: Ja, die Veranstalter müssen sich, anders als in Berlin, genau an die Vorgaben halten. Aber auch hier gibt es Ausnahmeparagraphen.
Weger: München ist noch in anderer Hinsicht problematisch. Industriegeländer gibt es hier kaum. Die Stadt ist zu sauber und zu aufgeräumt.
Schlick: Die wenigen Immobilien, die für eine Zwischennutzung frei werden, werden sehr schnell wieder bebaut. Außerdem gehören die meisten dieser Immobilien großen Unternehmen. Die Deutsche Bahn etwa interessiert das Geld nicht, das sie durch Vermieten verdient.
Holleschek: Die Eigentümer haben oft auch Angst vor den Gästen. Selbst wenn man nicht „Party bummm, bummm“ macht, sondern kulturelle Konzepte verwirklicht, lassen sie kaum mit sich reden.
SZ: Was sind Ihre ungewöhnlichsten Party-Plätze?
Schlick: Wir haben einen Wasserspeicher, einen Leuchtturm vor Hamburg oder die Kristallhalle im Salzbergwerk von Berchtesgaden. In Köln und Hamburg kann man makabrerweise in der Gruft auf den Grabplatten feiern.
Holleschek: Als Groove in der Gruft sozusagen.
SZ: Schon Ideen fürs Olympiastadion?
Holleschek: Da sind viele nette Ecken, ob das die Beckenbauer-Lounge ist oder das Marathon-Tor. Das ganze Olympiazentrum kommt dem Siebziger - Jahre - Hype sehr entgegen.
Schlick: Im Marathon-Tor haben wir schon ein Fest veranstaltet. Das Stadion war beleuchtet, und die Leute konnten drin rumlaufen. Das war Wahnsinn…
Holleschek: … vor allem, weil die Stunde Flutlicht 2500 Mark kostet.
Schlick: Man braucht natürlich immer einen Kunden, der das zahlen will. Das Müllersche Volksbad, auch sehr schön, kostet immerhin 800 Mark pro Stunde.
SZ: Wo feiern Sie selbst Geburtstag?
Holleschek: Dafür haben wir eine eigene Halle, gleich neben unserem Büro.
(Interview: Florian Rath)