„Die Meister der Nacht“
In München boomt das Geschäft der Party-Veranstalter – vier Event-Manager und ihre recht unterschiedlichen Erfolgsgeheimnisse
„… Regen im Kieswerk
Bei Otger Holleschek ist die Mundpropaganda gerade das, was seine Events voranbringt. Der studierte Theaterwissenschaftler hat Anfang der Neunziger in der Szene frühen Ruhm erlangt mit einer Studienabschluss-Party im Kieswerk Aschheim, welche schon Tage vorher als Must gehandelt wurde, zu der das Jungvolk scharenweise strömte und die gekrönt wurde von einem Stroboskop-Gewitter im Sommerregen. „Tja. So wird man Partyveranstalter“, sagt Holleschek. Dass dem 40-Jährigen beim Interview ein barocker Kostümfilm mit Depardieu als genialischem Zeremonienmeister des französischen Sonnenkönigs in den Sinn kommt, ist ziemlich sicher kein Zufall. Holleschek legt Wert auf Stil, auf ästhetisch ausgefeilte Inszenierungen, und dazu gehört eine klitzekleine Portion Snobismus. Flyer unter die Leute bringen? Die Litfasssäulen der Stadt zupflastern, sich marktschreierisch selbst anpreisen? Holleschek, der zum Espresso das Glas Wasser schätzt, schüttelt den Kopf. „Wir drucken keine Sponsoren auf bunte Zettel und haben keine Türsteher. Drin oder nicht drin heißt bei uns: Du weißt es oder du weißt es eben nicht.“ Teil der Holleschek - Gemeinde zu sein, heißt: Ort („bloß nicht zu established“) und Zeit kennen. Was dann in einer zum Vergnügungstempel umdekorierten U-Bahnunterführung oder im tiefrot illuminierten Haus der Kunst gegen Eintritt geboten wird, ist nächtliches Ausstattungstheater: Tanzbare Musik, Lichtsäulen, allerlei Requisite, und als (Selbst-)Darsteller „normale Leute zwischen 25 und 35, die in eine andere Realität eintauchen und feiern wollen.“ Hundert hindrapierter Daunenbetten zur „Frühlingserwachen“ - Party, Kabinengondeln beim „Skihüttenfest“, an Holleschek ist wohl ein Bühnenbildner verloren gegangen.
Andererseits geht es doch eigentlich bloß darum, dass Leute zusammen trinken und tanzen und später vielleicht mal sagen, wir haben uns auf dieser Federbettenparty kennen gelernt. Und dafür der ganze Aufwand? Nicht nur, sagt Holleschek, dessen Agentur „ h + s veranstaltungen „ ihr Geld weniger mit den erfolgreichen Parties macht, sondern mit dem Organisieren von Events für zahlungskräftige Firmen. Es geht auch darum, dass er vor 13 Jahren im Kieswerk Gefallen daran fand, den unsichtbaren Zampano eines großen Spektakels zu geben. „Kinder, lasst und doch wieder die Parameter zusammenbringen für eine spacige Party“, habe er damals gesagt. Seither ist Herr Holleschek sozusagen auf Zeremonienmeisterdroge. „Wenn 800 Leute auf der Tanzfläche eins sind“, sagt er, „wenn dir mit einem Latin - Break zum richtigen Zeitpunkt der emotionale Peak gelingt, wenn dann noch Kunstschnee rieselt, und du bist der Verursacher des Ganzen, dann kann das süchtig machen.“
… „
(Anne Goebel)