'Prinze': Vom Kultur- zum Partytempel
Wie wohl August Everding die Party gefallen hätte? Wäre er begeistert, weil sich „sein“ Prinzregententheater, das er aus dem Dornröschenschlaf erweckte und dem er als Intendant bis zu seinem Tod vorstand, am Samstag vor allem jungen Leuten öffnete, die in dem Kulturtempel ganz zwang- und hemmungslos abfeierten? Oder hätte er die Party zu verhindern versucht und gewusst, weil mit ihr doch eine Entweihung der heiligen Halle und vor allem Bühne einher ging?Denn genau dort, auf gut 600 Quadratmetern aus Oregon-Pinie, feierten in der Nacht zum Sonntag erstmals über 1000 Party-People, „die erste öffentliche Party im Prinz“, jubelte Otger Holleschek, der mit seinem Kollegen Matthias Schlick darauf spezialisiert ist, neue Party-Locations zu entdecken – und quasi zu entjungfern. Trambahn- und Fußgängerunterführungen, Museen, alte Industriedenkmäler – vor ihnen ist keine attraktive Location sicher. „Am Prinzregententheater sind wir seit eineinhalb Jahren dran“, erinnert sich Holleschek am DJ-Pult mit Blick auf das tanzende Publikum, „immer wieder bekamen wir Absagen, aber die Hartnäckigkeit hat sich gelohnt.“
Gefeiert wurde nur auf der Bühne, die Ränge blieben geschlossen, und der Vorhand öffnete sich für die Partygänger mal von der anderen Seite. Dahinter, mit dem Gesicht zu den leeren Sitzreihen und dem Rücken zu den Gästen, stand am frühen Abend auf zwei Stufen ein Chor und sang Orffs Carmina Burana. „Gänsehaut-Feeling“ meinte ein 25-jähriger Nachtschwärmer mit Schiebermütze und Muscle-Shirt. Das Konzert währte nur wenige Minuten, dann übernahmen die DJs Jens Witzig und Jo Kraus mit House, Pop, Big und Offbeats.
Wobei die Fete nicht nur eine Sache für die Ohren, sondern vor allem auch für die Augen war. Fliegende Kulissen und Kugeln, Projektionen über den Köpfen der Tanzenden, das war schon ganz großes Theater, im wahrsten Wortsinne. Und die Feiernden konnten sich schon mal darauf einrichten, wie das Nightlife ab 1. Januar funktionieren wird. Auf der Bühne Rauchverbot.
Ob die Party ein einmaliges Gastspiel war, wird sich zeigen. „Uns ging’s erst mal darum, das Theater für diese Nutzung zu öffnen“, bilanzierte Holleschek am frühen Sonntagmorgen, „und da müssen wir mal mit dem Vermieter reden.“ Im Fall des „Prinze“ ist das der Freistaat Bayern, der mit der Umwidmung zum Nightlife-Tempel den Staatssäckel entlastete.
„So toll das hier ist, aber er war schon schweineteuer“, meinte der Veranstalter. Denn zum happigen Mietzins kamen rund sechzig Leute Personal, darunter ein gutes Dutzend direkt vom Theater. Klar, Everding hätte die Angelegenheit zu mindest unter diesem Gesichtspunkt auch genehmigt. Denn in Sachen alter Finanzierungsmodelle war das Prinzipal der „Prinze“ unschlagbar.