Tröpfelnde Tropen
Robert Stadlober beschwört "Endlose Sommer"
Jämmerlicher Juni. Wo sind die braun gebrannten Körper, die brutzelnden Isargriller und Biergartenhocker vom vergangenen Jahr? Ach, man möchte einstimmen ins Geheul der frustrierten Sonnenfetischisten über das frostige Dauertief. Bringt aber alles nichts, wir tun lieber was gegen die trübe Stimmung, haben sich die Partymeister Otger Holleschek und Matthias Schlick gedacht - "Endloser Sommer" heißt ihre Beschwörungsfeier. So sitzen nun am Freitagabend zwei coole Typen in der Giesinger Trafohalle, beide in Hawaii - Hemden, Sonnenbrillen auf der Nase und erzählen Geschichten vom Strand, von bunten Segeln, Seelöwen und dem tosenden Pazifik: Die Schauspieler Götz Otto und Robert Stadlober geben die kalifornischen Beachboys mit zurückgegelten Haaren und lesen blumige Surferprosa. Das Publikum bekommt die passenden Bilder auf der Leinwand geliefert: "Endless - Summer" von 1966, in dem sich Menschen auf kleinen Brettern mit gewaltigen Wassermassen messen. Eine Dauerbrandung im gleißenden Sonnenlicht, eine ewige Welle, die immer wieder neu beritten wird. "Hemingway für Surfer", lästert ein Zuhörer, während es draußen noch immer tröpfelt. Oh, it never rains in Southern Bavaria.
Robert Stadlober, bekannt aus dem Streifen "Crazy", lässt sein komisches Talent aufblitzen, als er Tom Wolfes bitterböse Kalifornien-Satire "Die Pumphouse Gang" vorliest, eine Beschreibung des Jugendwahns an der Westküste, wo alle über 25-jährigen sofort zu "grauen Panthern" gestempelt werden. Dann setzt sich der blonde Darsteller wieder seinen Opa-Hut auf, auch der hünenhafte Götz Otto erhebt sich aus seinem Strandstuhl, die Party beginnt. Erst spielt das Max Geller Trio, hinterher legen die Break'n Bossa-Jungs auf. Die 30-jährigen grauen Panther auf der Tanzfläche biegen sich, Schweißtropfen rinnen die Scheiben der Halle hinunter, fast glaubt man sich in den Tropen - aber es hilft alles nichts. Draußen regnet es.
(Süddeutsche Zeitung, 07.06.2004/Christian Mayer)